Monthly Case
Anfälle nach Adipositas-Chirurgie | März 2015
>> back to HomepageBei einem 32-jährigen Patienten wurde bei ausgeprägtem Übergewicht (140 kg bei 178 cm Körpergröße) vor 12 Monaten eine Magen-Bypass-Operation durchgeführt. Seitdem ist es fünfmal zu einem tonisch-klonisch generalisierten epileptischen Anfall gekommen. Vor dem Anfall wirkte der Patient für 5-10 min desorientiert, er selbst gibt eine vegetative Symptomatik mit Schwitzen an. Zweimal wurde kurz nach dem Anfall ein Zuckerwert im Blut gemessen, dieser war mit 40 und 42 mg/dl deutlich erniedrigt. Vor der Magen-Operation waren keine epileptischen Anfälle aufgetreten.
Zur Klärung der Ursache der Anfälle und ggf. zu ihrer Therapie stellte sich der Patient in einer unserer Ambulanzen vor. Ein 24-h-Video-EEG zeigte keine pathologischen Auffälligkeiten, ein cMRT war unauffällig. Nach ausführlicher Erhebung der Eigen- und der Fremdanamnese der Partnerin und unter Würdigung der uns vorliegenden aktuellen und früheren Befunde konnten wir den Patienten über unsere Einschätzung aufklären. Wir gehen davon aus, dass bei dem Patienten als Folge der Bypass-Operation ein Dumping-Syndrom (Spät-Dumping) vorliegt. Aufgrund der fehlenden Vorverdauung im Magen werden Kohlenhydrate verstärkt im Dünndarm resorbiert, dies führt zunächst zu einer Hyperglykämie. Daraufhin wird massiv Insulin freigesetzt, welches im Sinne einer überschießenden Reaktion zu einer Hypoglykämie führt. Diese verursachte bei unserem Patienten initial eine vegetative Symptomatik und nachfolgend tonisch-klonisch generalisierte epileptische Anfälle. Nachdem wir dem Patienten diesen Zusammenhang verständlich machen konnten, lernte er, den Beginn der hypoglykämischen Episoden zu erkennen und mit der Einnahme von Traubenzucker zu behandeln. Seitdem kam es nicht mehr zum Auftreten von epileptischen Anfällen.
Zusammengefasst traten bei dem Patienten i.R. eines Spät-Dumping-Syndroms wiederholt unter Hypoglykämie akut-symptomatische epileptische Anfälle auf. Eine antiepileptische Behandlung ist nicht notwendig, da der Patient die Episoden mit Unterzuckerung nun frühzeitig erkennt und mit Zuckerzufuhr behandelt. So kann er das Auftreten von epileptischen Anfällen verhindern.